Der Begriff „grüner Stahl“ ist in der Industrie in aller Munde und das zurecht. Die Herstellung und der Handel grünen Stahls ist eines der wichtigsten Projekte im Kampf gegen den Klimawandel und zur Reduzierung der CO₂-Emissionen in Deutschland und weltweit. In einer klimaneutralen Gesellschaft wird grüner Stahl eine unverzichtbare Rolle spielen. Viele Branchen sind auf Stahl angewiesen, um technologische Fortschritte zu erzielen und ihre ökologische Bilanz zu verbessern. Was hinter dem Begriff „grüner Stahl“ steckt und wie dieser hergestellt wird, erklären wir Ihnen hier.
Der Begriff des „grünen Stahls“ ist nicht geschützt und wird momentan als Sammelbegriff für nachhaltiger produzierte Stähle in unterschiedlichen Kontexten verwendet. Dazu zählen:
Stahl, der unter Verwendung von grünem Wasserstoff hergestellt wird
Stahl mit zertifiziertem Emissionsgehalt
CO₂-reduzierter Stahl bzw. Stahl mit geringem Emissionsgehalt
Klimaneutraler Stahl
Die bisher auf dem Markt erhältlichen „grünen Stähle“ sind ausschließlich CO₂-reduzierte Stähle. CO₂-neutrale Stähle sind aktuell noch nicht verfügbar.
Ein Übergang von der konventionellen Stahlproduktion mit Kohle bzw. Koks zu einer umweltfreundlicheren Herstellung mittels grünem Wasserstoff ist derzeit im Gange. Immer mehr Hersteller setzen auf neue Prozesse und Anlagen, die eine Reduktion der CO2-Emissionen ermöglichen.
Im konventionellen Hochofenprozess dient die Kohle in Form von Koks im Wesentlichen als sogenanntes Reduktionsmittel. Das Reduktionsmittel geht im Hochofenprozess eine Verbindung mit dem im Eisenerz enthaltenen Sauerstoff ein, um dieses vom Eisen zu trennen und Roheisen zu erzeugen. Im Anschluss an den Hochofenprozess wird das Roheisen im Stahlwerk durch das sogenannte Frischen und weitere mögliche Folgeschritte im Rahmen der Sekundärmetallurgie zu bestimmten Stahlsorten weiterverarbeitet.
Das Verfahren der Direktreduktion wird nicht im Hochofen, sondern in eigens dafür betriebenen Direktreduktionsanlagen durchgeführt. Die Direktreduktion ist grundsätzlich ein Alternativverfahren, bei dem in der ursprünglichen Variante aufbereitetes Erdgas (ebenfalls ein Träger von Kohlenstoff) als Reduktionsmittel eingesetzt wird. Das Endprodukt unterscheidet sich in seinen physischen Eigenschaften vom Roheisen aus dem Hochofen und wird als Eisenschwamm bezeichnet. Der Eisenschwamm wird anschließend zusammen mit Schrott in einem Elektrolichtbogenofen zu gewissen Stahlsorten eingeschmolzen. Im Vergleich zum Hochofen führt die Direktreduktion zu geringeren produktspezifischen CO2-Emissionen, wird aber aufgrund ökonomischer Faktoren derzeit nur zu einem geringen Anteil im Rahmen der Stahlerzeugung angewendet.
Sowohl bei der Nutzung von Kohle als auch von Erdgas entstehen als Nebenprodukt bei der konventionellen Stahlerzeugung Moleküle aus Kohlenstoff und Sauerstoff, wie etwa CO und CO2. Um dies zu verhindern, wird im Direktreduktionsverfahren das Erdgas als Reduktionsmittel durch grünen Wasserstoff ersetzt werden. Dabei geht der Wasserstoff analog eine Verbindung mit dem im Eisenerz enthaltenen Sauerstoff ein. Dadurch entsteht als Nebenprodukt Wasser anstatt der Kohlenstoff-Sauerstoff-Verbindungen. Darüber hinaus entsteht ebenfalls Eisenschwamm, der in einem mit Strom betriebenen Elektrolichtbogenofen eingeschmolzen wird. Durch den Einsatz von erneuerbaren Energien, also aus Wind- und Wasserkraft sowie aus Sonnenenergie, soll durch dieses Verfahren zukünftig grüner Stahl erzeugt werden. Diese wasserstoffbetriebene Prozesskette wird von nahezu allen Herstellern als Strategie zur Herstellung klimaneutraler Stähle verfolgt.
Ein weiterer Schritt zum grünen Stahl ist der Einsatz neuer Prozessmethoden im Hochofen. Dadurch kann mehr Schrott wiederverwendet und somit recycelt werden. Das ist ein wichtiger Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft. Doch nicht nur durch neue Prozessmethoden für den Einsatz im Hochofen kann Stahlschrott recycelt werden. Neben der sogenannten Primärstahlerzeugung, d. h. der Herstellung mittels neu abgebauter Rohstoffe über die Hochofen-Route oder der Direktreduktion, kann Stahl zudem direkt durch Einschmelzen und Verarbeiten von Schrott in einem Elektrolichtbogenofen gewonnen werden. Die dabei entstehenden Stahlprodukte werden als Sekundärstähle bezeichnet und tragen ebenfalls zu einer Verringerung der Emissionen in der Stahlindustrie bei.
Im Kampf gegen den Klimawandel ist die umweltfreundlichere Produktion von Stahl und somit die Reduktion von CO2-Emissionen essenziell. Grüner Stahl wird daher in den nächsten Jahren einen immer größer werdenden Platz in der Stahlindustrie einnehmen.
Das Wichtigste zum Thema nochmal für Sie auf einen Blick:
Unter dem Begriff „grüner Stahl“ werden momentan vor allem verschiedene CO2-reduzierte Stähle angeboten.
Die Verwendung von Wasserstoff als alternatives Reduktionsmittel zu Koks oder Erdgas wird von einem Großteil der Hersteller als Strategie zur Produktion klimaneutraler Stähle verfolgt.
Das Recycling von Stahlschrott entsprechend des Konzepts der Kreislaufwirtschaft ist ein weiterer Schritt zu einer nachhaltigeren Stahlproduktion.